Fachbereich A - Deutsch

Deutsch

Was will eigentlich der Deutschunterricht am Gymnasium Fallersleben erreichen?

Jeder erinnert sich an quälend langweilige Deutschstunden, in denen man das Adverb vom Adjektiv unterscheiden lernen sollte oder das Plusquamperfekt vom Perfekt – da war sogar die am Fenster herunterkrabbelnde Fliege interessanter. Aber auch Goethes „Werther“ oder Büchners „Woyzeck“ konnten elendig langweilen …
Doch sind derartige Inhalte deshalb gleich unsinnig oder gar überflüssig?
Nein, es kommt in erster Linie darauf an, wie sie vermittelt werden und wie es gelingt, das Interesse der Lernenden nachhaltig zu wecken. Und wir behaupten sogar, dass grundlegende Kenntnisse zum richtigen mündlichen und schriftlichen Gebrauch der Muttersprache in der heutigen Zeit absolut notwendig sind, um in unserer Gesellschaft zu überleben. Nicht nur in Zeiten des außerordentlich rapiden Sprach- und Medienwandels halten wir dies für wichtig. Vielmehr ist der souveräne Umgang mit der Muttersprache in Wort und Schrift die wichtigste Grundlage der Kommunikationsfähigkeit, die in Zeiten wirtschaftlichen und damit gesellschaftlichen Umbruchs immer relevanter wird.
Ebenso wichtig ist natürlich die Auseinandersetzung mit literarischen Texten und Sachtexten, die im Sinne einer Werturteilsschulung zu einem erweiterten Bewusstsein persönlicher und sozialer Probleme führt, zu Selbstreflexion und möglicher Selbsterkenntnis, die erst einen selbstbewussten, eigenständigen Abiturienten ausmachen, der in Ausbildung, Studium und Beruf seinen Weg erfolgreich gehen kann.
Wie versucht der Deutschunterricht am Gymnasium Fallersleben diese Ziele zu erreichen, diese Ansprüche umzusetzen?
Wie erwähnt, es ist eine Frage der Methode. Die Kolleginnen und Kollegen der Fachgruppe Deutsch verwenden sowohl traditionelle als auch moderne Methoden der Auseinandersetzung mit Literatur und Sprache, um das Interesse der Schülerinnen und Schüler an der Auseinandersetzung mit Sprache und Literatur zu wecken.
Die traditionellen philologischen Methoden wie Textanalyse und –interpretation sowie Sprachreflexion werden durch moderne handlungs- und produktionsorientierte Auseinandersetzungsmöglichkeiten im Sinne des erweiterten Textbegriffs ergänzt, die sowohl die individuelle Herangehensweise des Lernenden verstärkt ins Zentrum rücken und besonders seine Kreativität schulen als auch den Rahmen der Schule als traditionellen Ort des Lernens bewusst überschreiten.
Unter der produktionsorientierten Herangehensweise wird besonders der gestalterische Umgang mit literarischen Texten verstanden, auf die primär schriftlich (z.B. Texte weiter- oder umschreiben, innere Monologe oder Rollenbiographien verfassen, Tagebucheintragungen erstellen, Lesetagebücher zu Lektüren anfertigen u.a.m.) reagiert wird.
Aber auch andere ästhetische Auseinandersetzungsmöglichkeiten wie die Verfilmung von Romanen oder Theaterstücken, die Umsetzung von Theaterszenen mit Methoden des szenischen Spiels, Textcollagen, Rezensionen, Hörspiele oder Videos bieten sich in diesem Rahmen für die Behandlung im Deutschunterricht an. Wenn möglich, werden dabei auch die neuen Technologien, vor allem die Möglichkeit des Internets, genutzt.
Auf der Basis fundierter Kenntnisse der Analyse von literarischen Texten fördern diese neueren Herangehensweisen die Kreativität und Phantasie des Einzelnen, der (z.T. spielerisch) lernt, eigene Fragestellungen an Literatur zu stellen und individuell produktive Antworten zu finden.
Indem der Rahmen des Faches durch fächerübergreifende Projekte (z.B. Verknüpfung von Deutsch und Kunst), aber auch der Rahmen der Schule selbst erweitert wird (z.B. Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum, dem Hoffmann-Museum, den Bibliotheken bzw. dem Lernzentrum, Lesungen, Theater- und Kinobesuche im Zusammenhang mit den in der Schule gelesenen Werken) und traditionelle Stundenrhythmen (Projekte, Leseabende) aufgegeben werden, versucht der Deutschunterricht sowohl auf aktuelle gesellschaftliche Themen einzugehen als auch die Wahrnehmungsmuster Jugendlicher aufzugreifen, kritisch zu hinterfragen und Lösungsstrategien anzuregen.
So gesehen steht der Deutschunterricht am Gymnasium vor der Aufgabe, eine gelungene und ausgewogene Balance zwischen der Vermittlung traditioneller Kenntnisse von Literatur und Sprache und einer Modernisierung bzw. Medialisierung seiner Methoden und Inhalte zu finden, die die Lebenswirklichkeit Jugendlicher heute spiegeln und die kreative Auseinandersetzung des Einzelnen mit Literatur und Sprache im Medienverbund fördern.

 Ilka Müller-Stoppel, Fachsprecherin Deutsch

Stand 7/19